Analogie

Analogie
   (griech. ”ana logon“ = nach Verhältnis), ein Wort, mit dem entscheidende Probleme der Gotteserkenntnis u. der Rede von Gott angesprochen werden. Als philosophischer Begriff kommt A. bei Platon († 347 v.Chr.) vor. Verschiedene Arten der A. werden bei Aristoteles († 322 v.Chr.) thematisiert, der auch der Sache nach erstmals die Seins-A. entwickelte. Für ihn ist analoge Rede ein ”Mittleres“ zwischen univoker (geschlossen eindeutiger) u. äquivoker (völlig mehrdeutiger) Begrifflichkeit. Sie besagt eine (genauer zu bestimmende) Ähnlichkeit oder Entsprechung zweier Größen. Bei der Proportions-A. wird das Verhältnis zweier Proportionen zueinander vergleichend ausgesagt, bei der Attributions-A. werden zwei Begriffe oder Größen in ihrem Bezogensein auf ein Eines oder Erstes ausgesagt. Thomas von Aquin († 1274) vermittelte in seiner A.-Lehre die aristotelische Seins-A. mit dem neuplatonischen Gedanken der Teilhabe . Auf die Frage, wie der endliche Geist das Verhältnis Gottes zu dem vielfältigen endlichen Seienden erkennen könne, antwortete er, daß alles, was ist, am Sein teilhat, aber auf je verschiedene Weise. Damit war das theol. Problem gegeben, die Art u. Weise dieser unterschiedlichen Teilhaben am Sein sprachlich so zu formulieren, daß die radikale Verschiedenheit von Gott u. Endlichem nicht durch die Verwendung eines übergeordneten Seinsbegriffs bedroht würde. Gedanklicher Hintergrund bei Thomas war die Schöpfungslehre u. der für die kath. Theologie bis heute gültige Grund-Satz des IV. Lateran-Konzils (1215), daß von Schöpfer u. Geschöpf keine Ähnlichkeit ausgesagt werden kann, ohne daß eine größere Unähnlichkeit zwischen beiden mit ausgesagt werden müßte. – Gegen die Lehre von der Seins-A. im Hinblick auf Schöpfer u. Kreatur wandte sich mit Vehemenz K. Barth († 1968), der die seinsmäßige Geschiedenheit Gottes, des ganz Anderen, von der Kreatur hervorhob, aber von einer Ähnlichkeit der Entscheidung der Gnade Gottes zu der menschlichen Entscheidung im Glauben (bei bestehender größerer Unähnlichkeit) sprach. Diese Auffassung nannte er in Anlehnung an Röm 12, 6 ”Analogia fidei“ (Glaubens- A.). E. Przywara († 1972) verteidigte die A.-Lehre eingehend; er wies darauf hin, daß bei jedem Ist-Sagen eine letzte Einheit des Seins ausgesprochen u. Gott als das absolute Sein mitgemeint u. mitgesagt ist, daß aber alles Endliche, weil u. insofern es das Geschehen der Seinsteilhabe ist, mit dem Unendlichen nur eins ist in der Verschiedenheit. Von neueren Päpsten wurde der Begriff der ”Analogia fidei“ in Anspruch genommen für die Mahnung, daß jede einzelne Glaubens- u. Lehrmeinung bezogen sein müsse auf das gesamte Glaubensgut. – Für die kath. Theologie bleibt die A.-Lehre des IV. Laterankonzils das erste, letzte u. umfassende Grundgesetz jeder möglichen Theologie (E. Przywara). Sie verhindert irreführende Redeweisen über Gott (seinerzeit die mystische Identität bei Joachim von Fiore †1202), wie das bei der eindeutigen Gleichheit des Ist-Sagens (Univozität), die ein völliges Erfassen behaupten würde, aber auch bei bloßer Mehrdeutigkeit der Begriffe (Äquivozität), die eine positive Aussage unmöglich machen würde, der Fall wäre. Die kath. Theologie hält damit positive, affirmative Aussagen über Gott über eine reine Negative Theologie hinaus für möglich, ohne daß dadurch die Absolutheit Gottes relativiert würde, wie manche ev. Theologen befürchten. – Der Kern der kath. A.-Auffassung heute besteht aus folgenden Thesen. Eine Erkenntnis heißt analog, wenn das, was erkannt werden soll, nicht in ihm selber (in seinem Wesen), sondern ”nur“ in seiner Beziehung zu einem andern, das uns bekannt ist, erkannt wird. Ein Begriff heißt analog, wenn er etwas nicht definierend in seinem Wesen, sondern in verschiedenartiger Beziehung oder verschiedenartigem Verhältnis zu einem anderen, das uns bekannt ist, aussagt. Bei der Attributions-A. kann nur von einem Seienden im eigentlichen Sinn ”ist“ gesagt werden; alles andere ”ist“ nur durch seine Beziehung zu diesem ersten Seienden. Bei der Proportions-A. wird mit ”ist“ oder ”sein“ ein inneres Verhältnis bezeichnet, das sich zwar bei allem Seienden findet (z. B. Wesen u. Dasein), aber was u. wie einzelne Seiende genauer in einem inneren Verhältnis zueinander stehen, wird mit diesem ”ist“ oder ”sein“ nicht ausgesagt. Es gibt also kein gemeinsames Drittes. Bei der Attributions-A. lautet die theol. Hauptaussage: Gott ”hat“ nicht Sein, sondern er ist in seinem Wesen das Sein; alles andere hat durch Gottes freie Souveränität Anteil am Sein. Bei der Proportions-A. lautet die theol. Hauptaussage: Alle möglichen inneren Verhältnisse sind bei Gott reine Identität, bei allen Kreaturen treten sie auseinander. Die konsequente Beachtung der Analogheit aller Rede über Gott führt dazu, alle theol. Aussagen auf Gottes absolutes, unbegreifliches Geheimnis hin zurückzuführen u. offenzuhalten.

Neues Theologisches Wörterbuch. . 2012.

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